Nürnberg.
Nürnberg bietet ansagentechnisch ein gefahrvolles Pflaster: Die Stadt liegt zwar geografisch eindeutig in Bayern, dennoch wollen die Menschen aus Nürnberg merkwürdigerweise keine Bayern sein. Ein „Hey Bayern, seid ihr gut drauf?“ könnte also böse nach hinten losgehen. Rostbratwürstchen- und Weihnachtsmarktwitze verbieten sich ebenso, kennt man doch aus Berlin vergleichbar unlustige Der-Flughafen-wird-nie-fertig-Witze. Sollten etwa Anspielungen auf Konzerte von vor 4 Jahren und einem Monat gemacht oder gar alte Kamellen von damals gewonnenen Wetten gegen berühmte Straßenmusiker erzählt werden? Nein, die einzige Möglichkeit besteht also darin, einfach komplett auf Ansagen zu verzichten und ein arrogant-introvertiertes Heroin-Rockstar-Image aufs Parkett zu zaubern. Vielleicht auch einfach mal mitten im Lied abbrechen, von der Bühne gehen, nach Minuten des Bangens nackt wieder erscheinen. Ich merke schnell, die Band steht am Scheideweg. Die Jungs beschließen wie gewohnt die Entscheidung aufzuschieben und ballern sich eine Rostbratwurst.
Nachdem das Konzert in Bielefeld eher so Red-Bull-Main-Stage-Feeling verbreitet hat, spielt man nun in einer historischen Ruine ein kuschlig-privates Wohnzimmerkonzert, wobei es sich der Größe nach dann doch nicht das Zimmer ist, in dem Harry Potter bei den Dursleys wohnt, viel mehr so P. Diddys Wohnzimmer, in dem seine 700 Freunde feiern können und dabei direkt mit dem Lamborghini in den Kleiderschrank kommen.
Da außer Von Wegen Lisbeth nur noch die Jungs von FLUT als Vorband spielen, hat man endlich einmal genug Zeit für den Soundcheck, so dass in den viereinhalb Stunden jedes Lied vorwärts, rückwärts oder phrygisch As-Dur durchgespielt werden kann. Komisch, dass keine Nachbarn sich beschweren, in Berlin hätte wahlweise schon dreimal die Polizei oder der Nachbar mit seiner Axt vor der Tür gestanden. Hach Nürnberg, du wunderschönes Ding!
Nach dem Konzert besteht das altbekannte Problem, nur noch eine Stunde bis zur Abfahrt nach Berlin zu haben, man muss das berüchtigte Nachtleben der Stadt also möglichst schnell erkunden und das Tempo des Wegbieres exponentiell anpassen. Für den Fall, dass der Bus verpasst werden sollte, erprobt Julian glücklicherweise ein Floß als alternatives Reisemittel. Man schafft es aber irgendwie doch solide 36 Sekunden vor Abfahrt alle in den Bus zu stapeln, trinkt den ein oder anderen Schlummertrunk und schlummert gemütlich Richtung aufgehender Sonne.
Nächste Woche startet die Rakete im Land, dessen Name nicht genannt werden darf! Turn Up!!!