Pfingst Open Air Essen – Von Wegen Lisbeth

Pfingst Open Air Essen

10.06.2019

Oft sind es die kleinen Dinge im Leben, die gescheiterte Kommunikation, die auf den ersten Blick unbedeutend erscheinenden Situationen, welche die größten Geschichten erzählen. Der Bandaufenthalt in Essen hingegen beginnt mit einer Geschichte, die schon bei erster Betrachtung epochaler nicht sein könnte, deshalb haben wir die Filmrechte bereits für 128 Millionen Euro an Disney verkauft, nach derzeitigem Stand wird niemand geringeres als Regielegende George Lucas sich an dem Stoff vergnügen.

Als die Band nach sechs Stunden Fahrt aus Ulm das Hotel in Essen erreicht, könnte die Stimmung kaum geladener sein. Die Frage, ob die Klimaanlage im Auto lieber auf Stufe 2 oder Stufe 3 gestellt werden sollte brachte die Band bereits bis kurz vor die Auflösung, der letzte Schluck 34 Grad warmes Leitungswasser löste einen dermaßen eskalativen Streit aus, dass Heidi Klum Julians Argumentation liebend gern für die neue Staffel Germany’s Next Topmodel übernehmen würde. Nach kurzer Analyse in der Hotellobby stellt Tourmanager Demba fest: Das Rudel hat Hunger. Da man sich ja bekanntlich in der Stadt Essen befindet, kann es eigentlich nicht so schwer sein, einen zünftigen Pizzaladen zu finden, der die Gruppe von ihren Qualen erlöst (hihi Joke wegen „Essen“, Diggi lol?). Nach kurzer Recherche im „Essen & Trinken“-Online-Portal wählt Demba die erste Nummer.

„Juten Tach, wir sind Von Wegen Lisbeth aus Berliiin, Tachchen Essen…äh sorry, falsche Ansage, hier ist Demba der Unantastbare, wir würden gern einen Tisch für heute Abend reservieren.“ Kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung.

„N’ Tisch ähm, puh das ist nicht so einfach, also das könnte theoretisch gehen aber ganz sicher kann ich das nicht sagen.“

Dembas Blick wirkt leicht verstört: „Naja, so bringt uns das wenig, also könnten Sie mir einfach sagen, ob das klappt oder nicht?“

„Ja hmm…ein Tisch, also das ist wirklich nicht so einfach wie Sie denken, ähm, ich ruf Sie zurück.“ Synchron stellt sich die gesamte ausgehungerte Gang am Eingang des Hotels auf und schlägt in einer wie einstudiert wirkenden Choreographie deprimiert den Kopf an die Wand.

Nachdem zwei andere Lokalitäten mehrere Male nach der Begrüßung direkt auflegen, untersucht Demba jeden Winkel nach versteckten Kameras, kann jedoch nichts entdecken. Er schafft es schließlich die Prüfung „Tisch reservieren“ doch noch zu bestehen, als man dann aber am entsprechenden Laden erscheint, findet man eine Lokalität vor, die etwa halb so groß ist wie Curry 36 und leicht an die Besenkammer erinnert, in der Harry damals Rita Kimkorn das legendäre Interview zum Trimagischen Turnier gegeben hat. Man schafft es dann aber doch noch etwas zu essen und es schmeckt auch sehr gut.

Dieser kleine und sehr intime Ausflug in das Privatleben der Band zeigt exemplarisch, wie spektakulär jeder Tag unserer fünf Knuddelbärchen abläuft. Man hat es nun definitiv nach ganz oben geschafft und zurecht träumen Millionen davon, nur einmal dasselbe zu erleben, was Von Wegen Lisbeth leicht arrogant „ihren Alltag“ nennen. Thug Life!

Zum Konzert versammeln sich dann etwa 13.000 feierwütige Fans sowie 140.000 feierwütige Polizisten, Ordnungsamtisten, DLRGisten, Wasserschutzpolizisten und Hardcorewiesel. So sicher hat man sich im ganzen Leben noch nicht gefühlt, heute kann niemandem etwas passieren, die Abstimmung zum Motto des Tages ergibt einstimmig: Sky is the limit!

Nachdem der Tag bei 36 Grad und schwülstem Klimawandelwetter grad so überlebt wurde, öffnet Petrus der alte Schlingel pünktlich zu Konzertbeginn die Himmelspforten. Kurz sieht man die Angst in den Gesichtern der Band, das Publikum könnte urplötzlich verschwinden, doch komischerweise dreht Essen den Spieß einfach um wie bei einem gottverdammten Spanferkel und feiert den abstrusesten Regenabriss seit 1953 als es einmal im Februar richtig doll geregnet hat.

Lesen Sie nächste Woche in „Das Leben der Stars“: Wie Matze aus Versehen zu viel Salz auf sein Frühstücksei schüttete und Doz’ Papierflieger einen leichten Linksdrall in der Flugkurve aufwies.