Im Grünen Festival – Von Wegen Lisbeth

Im Grünen Festival 09.06.2018

Kirchanschöring.

Dinge, die man getrost vergessen kann: Bandmitglieder auf Autobahnraststätten, den Namen des Gegenübers nach dem siebten Burgi, Pflanzenpokémon, den neuen Han-Solo-Star-Wars-Film.

Dinge, die man möglichst nicht vergessen sollte: Schlagzeug.

Damit sowohl der Geist als auch das Fleisch der Band nicht in der Öde des Alltags verkrustet, entscheidet man sich also kurzfristig, das Schlagzeug im kuschligen Berlin zu vergessen. Unpraktisch, dass das Im-Grünen-Festival in Kirchanschöring stattfindet, welches bekanntermaßen nicht grad im florierenden Speckgürtel der Hauptstadt liegt, noch nicht mal so in Billigfliegerreichweite. Nach langen Diskussionen ist man sich innerhalb der Band nicht mal sicher, in welcher Zeitzone man sich eigentlich befindet. Da das Leihen von Dingen spätestens seit Car-, Bike- und sonstigem Sharing irgendwie einen lässig modernen Start-Up-Klang mit sich bringt, beschließt man, sich das Schlagzeug der Leoniden auszuleihen, das sieht ähnlich aus, riecht gut und hat auch eine schöne Farbe. Betrachtet man nun die Verhandlungsposition der beiden Parteien genauer, so ist der Hebel, an dem die Leoniden sitzen, doch minimal länger, in etwa so, als würde Amazon dem kiezweit bekannten Geschäft „Günnis Schmökerstube“ ein faires Angebot zu dessen Übernahme machen. Es werden also kurzerhand die Rechte am nächsten Album, zwei Eigentumswohnungen in Kreuzkölln (amazing view, fully renovated) sowie Matzes Jungfräulichkeit an die Leoniden verkauft. Das Konzert ist gerettet!
Auf den Schreck pumpt sich die Band eine solide Menge Käsepätzle/Kasspatzen/Kässpatzen/Kasspatzln in den Magen. Verwundert fragt man sich, warum diese doch besser schmecken, als die tiefgekühlte 600g-Packung, die am Framstag immer bei Penny im Angebot ist. Hach Bayern!

Bis zum erwarteten Eintreffen des Schlagzeugs ist noch eine Weile Zeit und die Frage „Was kann man da machen?“ wird einstimmig mit „Gar nichts kann man da machen“ beantwortet. So verbringen die fünf Freunde (und Timmi der Hund) ihre Zeit, wie sie ihre Zeit am liebsten verbringen: Während der eine mit seinem athletischen Körper im festivaleigenen Gewässer „Staudamm“ spielt, wird andernorts das Yu-Gi-Oh-Deck auf mögliche Schwachstellen untersucht und nur ein paar Meter weiter wechselt mit nur wenigen Klicks ein Aktienpaket den Besitzer – der Markt schläft nie.
Nur wenige Stunden später: Während über Minas Tirith die rote Sonne im Horizont zu versinken scheint, frönt man mit seligen Gesängen der gemeinsamen Liebe zum Gerstensaft und zum FC Stralsund, gleitet echsengleich auf die Bühne und gibt die ein oder andere Volksweise zum Besten.

Kirchanschöring, es war wunderschön, fühlt euch in eine riesige Zuckerwatte eingewickelt!