Hamburg, MS Dockville – Von Wegen Lisbeth

Hamburg, MS Dockville

17.08.2019

Wir wachen nach Doz’ Geburtstagsreinfeierei verkatert auf einem verlassenen Parkplatz mitten in einem tristen Hamburger Industriehafen auf. Entweder meine Erinnerungen spielen mir einen Streich und wir sind doch eine Junggesellenabschiedsgruppe, die gestern auf dem Hamburger Kiez zu viele Shots zu sich genommen und somit das Hostel nicht gefunden hat oder wir sind in einem neuen Fall der Pfefferkörner gelandet. Da Fiete nirgendwo zu entdecken ist und keiner lustige Penisse auf seinem Arm entdecken kann, stellen wir nach einiger Recherche beruhigt fest, dass wir uns auf dem Dockville Festival befinden. Heute Abend soll also das letzte Festival 2019 stattfinden, bevor sich die eingeschworene Tourgang erst einmal wieder für einige Zeit trennt. Müsste man sich dann nicht übergeben, man würde einen von diesen melancholischen Mitgrölsongs der Toten Hosen spielen. Ich frage mich kurz, ob das eine Träne in Matzes Gesicht ist, bemerke dann jedoch, dass es doch der gottverdammte Hamburger Regen ist, der von seiner Nasenspitze tropft.
Hat man normalerweise das Problem, aus einer verkaterten, sich in der Schnarchlautstärke überbietenden, Instagramvideos checkenden Rasselbande einen tourblog’schen Tagesablauf herauszupressen, der vor FUN FUN FUN nur so strotzt, sollte sich diese Problemstellung heute von selbst lösen: Das Dockville (Anm. d. Red.: Autocorrect möchte hier immer „Rockville“ schreiben, was ich auch für einen gigantischen Namen halte) hat zum Abschluss der Festivalsaison zu einem Klassen-/Band-Treffen sondergleichen geladen, so trudeln nach und nach die Giant Rooks, Blond und diverse skandalöse und weniger skandalöse Menschen aus dem Freundeskreis ein (nur Max Herre nicht). Bereits zum Mittagessen gibt es folglich Streit, wer neben wem sitzen darf, das Durcheinander könnte allerdings auch daran liegen, dass sich einfach niemand traut, in der Nähe von Celo und Abdi zu sitzen und man sich lieber verängstigt in einer Ecke des Raumes zusammenkuschelt.
Voll froher Erwartung, was der Tag noch bringen wird, packt man sich ein paar Käsestullen in die Proviantboxen, versteckt heimlich einen Kinderriegel unter den Gurkenscheiben, öffnet mit gekonnten Handwerkergriffen den Hahn und macht sich frohlockend und Arm in Arm auf zur Festivalbegehung. Dort erwartet die Gruppe glücklicherweise kein Warsteiner-, Bratwurst-, AOK-Stand-Ensemble, bei dem gekonnte Influencer unter jedes Foto „Anzeige wegen Verlinkung“ schreiben müssten, auf diesem Festival haben sich Menschen tatsächlich Mühe gegeben, so richtig mit Deko und so – ein Zaubertraum! Vor Freude ist man kurz davor, sich ein Freundschaftstattoo stechen zu lassen. Leider gibt es das präferierte Motiv „I love Lloret de Mar“ nicht mehr, so dass man die Aktion auf unbestimmte Zeit verschiebt.
Die folgenden Stunden werden auf Grund unbekannter Umstände, welche nicht weiter erwähnt werden sollen, immer schwieriger zu beschreiben. Wenn mich nicht alles täuscht, spielt die Kapelle Lisbeth gegen Abend ein Konzert. Während die fünf lustigen Musikanten also auf der Bühne stehen und vergnügt auf ihren Instrumenten herumklimpern, macht die sich ihnen gegenüber befindende Masse aus der regnerischen Veranstaltung einen dermaßenen Abriss, dass man nicht genau sagen kann, wer hier eigentlich wen unterhält.
Nach dem Konzert ist dann auch schon Schlafenszeit, Tourmanager Demba erlaubt der Gruppe jedoch, sich noch zehn Minuten flüsternd zu unterhalten. Es werden sehr lange zehn Minuten: Fünf Stunden später spielt der DJ Robbie Williams’ „Angels“ und setzt dem Turn Up damit ein würdevolles Ende.

Fragen, welche uns seit diesem Festivalsommer nicht mehr aus dem Kopf gehen:

1. Warum spielen wir immer genau einen Tag nach Scooter?
2. Hätte Robert damals im Flunkyballmatch gegen Kraftklub den vierten Wurf doch als Rückhandslice werfen sollen?
3. Ist der Hahn eigentlich schon wieder offen?

Ja tschüss, ne!