Appletree Garden – Von Wegen Lisbeth

Appletree Garden 04.08.2018

Diepholz.

Von Wegen Lisbeth und das Rätsel des verschwundenen Festivals Teil 2 – Die Sektverschwörung

Die Sonne stand bereits in ihrem Zenit und der Zeiger der großen goldenen Nightliner-Uhr rückte mit mahnendem Ticken auf die Zwölf zu, als Matze die verklebten Augen ein erstes mal öffnete. Erleichtert stellte er fest, dass aus der gegenüberliegenden Kabine noch ein seliges Schnarchen zu hören war – wenigstens nicht der Letzte beim Frühstück. Wie ein junges Reh hüpfte der Anführer der Bande auf den frisch geölten Teakboden des Gefährts und ließ ein selbstzufriedenes Glucksen hören: „Die werden Augen machen, wenn ich jetzt schon wach bin.“ Es war der freie Tag der Gang und man hatte sich für die unerwartet lange Freizeit einiges vorgenommen. Nachdem der junge Don sein Frühstück verdrückt hatte und neben dem obligatorischen Nutellatoast sogar eine halbe Banane in den alkoholverseuchten Körper gepresst hatte (natürlich hatte niemand sein frühes Aufstehen gewürdigt), stand eine gemeinsame Geländeinspektion auf dem Programm. Als sie unter der Hitze stöhnend den Weg Richtung Festivalgelände entlang stapften, vernahm Roberts junges Elbenohr eine leise, aber erotische Fistelstimme aus einer Bar nahe des Wegesrandes: „Hey, ihr holden Wandersmänner, was wäre euer größter Wunsch bei diesem heißen Sommerwetter?“ „Eis!“, rief Julian wie von der Tarantel gestochen. „Sekt!“, entfuhr es dem anderen Julian ihm seinem Mund und ehe die fünf es sich versahen, hatte die junge Dame jedem der Jungs einen Sekt auf Eis in die Pranke gedrückt – eine folgenreiche Tat, wie sich später herausstellen sollte. Das Eis kühlte die erhitzten Gaumen und der Sekt prickelte so schön im Bauchnabel, doch unbemerkt hatte die feengleiche Schönheit die Jungs verflucht: Jedes Mal, wenn einer der Gang den Weg Richtung Festival beschritt (745 Mal pro Person an beiden Tagen), sollte er eines der geliebten Kaltgetränke in seiner Hand wiederfinden. Doz traf der Fluch besonders schlimm: Wie in der Regenbogenstrecke von Mario Kart versuchte er sich verzweifelt in der Mitte der Strecke zu halten, doch schon nach kurzer Zeit fand er sich wie von Zauberhand an der Bar wieder.
„Grükardawunga“, schrie Robert, als er sich auf einmal nur mit einem Besenstiel bewaffnet mitten im Garten von Til Schweigers Anwesen wiederfand. Alles, was er noch wusste, war, dass er den Weltrekord im Rauchen hatte brechen wollen, doch wie war er hier her gelangt?! Es half alles nichts, es musste Kriegsrat gehalten werden, wie das Konzert erfolgreich hinter sich gebracht werden könnte. Nachdem Julians Vorschlag „Na wir mache erscht de Souncheck undannes Konschert“ mit einer Nackenschelle endete, hatte Doz die rettende Idee: Wie der Teufelsgeiger in der gleichnamigen Dreifragezeichenfolge musste man einfach das Publikum mittels geheimer Substanzen auf ein ähnliches Turn-Up-Level bringen. „Denn minus mal minus ergibt wieder plus“, ergänzte Robert, der auf einmal ein merkwürdiges Leuchten in den Augen hatte.
Ohne Zeit zu verlieren wurde der Plan in die Tat umgesetzt, wobei im Nachhinein bei einer der beiden Parteien wohl die empfohlene Turn-Up-Menge ein wenig überschritten wurde, die Gerüchte über einen Mann, der über das Publikum schritt, als würde er den Jakobsweg bestreiten, hielten sich genauso lang wie das Bild eines zu Techno durch den Schnee stapfenden Hundes, der irgendwie mit Olli Schulz zusammenzuhängen schien.
Mit sprudeligen Gedanken betraten die fünf Boyz bei Sonnenaufgang das im Hafen auf sie wartende Schiff, das sie auf sanftem Vorwindkurs Richtung Berlin schipperte – doch da schliefen die Jungs schon friedlich in ihren Kojen.