Mainz – Von Wegen Lisbeth

Mainz 25.08.2015

Die erste eigene Tour. Schwer zu glauben. Wenn man uns damals in der 7.Klasse gesagt hätte, dass wir mal alle zusammen auf Tournée fahren werden, so richtig mit Auto und Publikum und so, wir hätten vermutlich ohne zu zögern sofort unsere gesammelten Pokémonkarten dafür hergegeben (außer Giflor Holo in der japanischen Special-Edition, die war richtig nice).
Oder wir hätten dem Behaupter dieser verrückten These eine gehörige Tracht Prügel angedroht und nachts zum Sound von Rhymin Simon ein kleines „Toy“ auf den Stromkasten vor seiner Doppelhaushälfte gesprüht. Denn Verarschen Lassen ist gar nicht unser Stil. Tatsächlich kommen wir uns gerade ein bisschen verarscht vor, weil das alles so unwirklich ist. Das klingt jetzt leicht übertrieben, ist aber tatsächlich so. Um das mal kurz einzuordnen:
Als Band auf Tour zu gehen ist quasi der Gipfel von allem. Man arbeitet die ganze Zeit darauf hin, um endlich irgendwann den Lohn der harten Arbeit einzufahren. Wie Karpador, das man, unbrauchbar wie es ist, in mühsamer Arbeit tagelang gegen wilde Raupys kämpfen lässt, weil man genau weiß, dass dieses Gefühl, wenn es sich endlich auf Level 22 zu Garados entwickelt, unbeschreiblich ist. Wir haben sozusagen die letzte Entwicklungsstufe erreicht.
Der Kaulquappe Lisbeth sind Arme und Beine gewachsen. Bereit, den gesamten Teich zu regieren und jede Biene zu vernaschen, die sich ans Ufer traut! (Das ist jetzt ein bisschen aus dem Ruder gelaufen; was ich sagen wollte: Nice, wir gehen auf Tour!)

Tag 1: Von Berlin nach Mainz. Von Mainz an die Theke.

Wir treffen uns unfassbar pünklich mitten in der Nacht um 10 Uhr morgens vor’m Bandraum. Um 10:17 Uhr kommt der Postbote und bringt die neue Akustikgitarre, ohne die wir die Tour gar nicht hätten spielen können. Nices Timing. Da wir uns geschworen haben, nie wieder zu Mäckes zu gehen (nachlesbar im Tourblog Nr.17239 bzw. vom 07.03.2015, Aachen), halten wir bei unserem Liebelings-Aldi und kaufen Brötchen und Mayonnaise. Der Cheeseburger für Arme.
Wir sind besser ausgerüstet als Tante Hilla, die für 2 Tage Urlaub im Spreewald 3 verschiedene Anoraks, 5 Hosen, eine Frühlingsweste, eine Herbstweste, eine crèmefarbene Wendejacke und natürlich eine Crêpepfanne mitnimmt.
Mainz, oh wunderschönes Mainz, wie gerne wär ich deins! Wir fahren zum „Schon Schön“ und werden fürstlich empfangen. Dazu eine kleine Erklärung: Wenn man auf Tour geht, schreibt man als Band einen sogenannten „Hospitality Rider“, der den jeweiligen Veranstaltern erklärt, was man gerne an Verpflegung im Backstage hätte. Das macht Sinn bei einer Künstlerin wie NENA, die ohne 8°C kaltes Mondscheinwasser tatsächlich stark in ihrer kreativen Performance gehemmt ist und einfach kein gutes Konzert spielen kann.
Bei so kleinen Bands, wie wir nunmal eine sind, ist das relativ überflüssig, weil wir sowieso gierig alles verschlingen, was irgendwo rumliegt. Deshalb haben wir uns einen kleinen Schenkelklopfer erlaubt und 6x BumBum-Eis auf den Rider geschrieben, im festen Glauben, dass wir auf der gesamten Tour kein einziges davon zu Gesicht kriegen werden. Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt, wir öffnen die Tür vom „Schon Schön“ und der Veranstalter Basti drückt uns jedem ein BumBum-Eis in die Hand. Wir fühlen uns wie im Himmel. Sowieso ist der gesamte Laden super sympathisch. Während wir genüsslich den Kaugummistiel kauen, einigen wir uns darauf, dass das Humor-Level von Basti auf einer Skala von 1 bis 37 irgendwo bei 36 liegt.
Das eigentliche Konzert ist richtig richtig nice, es ist voll, es ist warm, die Leute tanzen. Einen schöneren Tourstart hätten wir uns nicht ausmalen können. Das mussten wir natürlich angemessen begießen. Zum Glück gibt es einiges an Gießbarem. Der Abend endet..nunja…man kann es leider wieder nicht treffender formulieren:

ehrenlos.

Wir schlafen im Bandappartment, draußen vor dem Bandappartment und auf dem Bandappartment.

Ab nach Frankfurt!

julianjulian