Maifeld Derby Mannheim – Von Wegen Lisbeth

Maifeld Derby Mannheim

17.06.2019

Ein Großteil der etwa 300.000 Zuschauer (Schätzung der Redaktion) auf der Haupttribüne des Reitstadions in Mannheim wollte sicher nur das mit Spannung erwartete 34. Traber-Derby verfolgen. Sollte Fury, seit Wochen der Favorit der Buchmacher, tatsächlich den von allen erwarteten Start-Ziel-Sieg einfahren oder war doch mehr dran am Geflüster hinter den Kulissen, der Achal-Tekkiner Black Star könne den Überraschungssieg einfahren und damit für die ganz großen Gewinne sorgen? Für die vier Mitglieder der Wettgemeinschaft Von Wegen Lisbeth ging es jedoch an diesem trügerisch sonnigen Samstag Mittag um viel mehr als bloß um das überlegene Gefühl, nach einem Rennen den Gewinnertippschein am Schalter einzureichen und mit einem breiten Grinsen und einem lässigen „Man sieht sich“ die 12,73 € einzusacken.

Nervös nestelte Matze am Korken der Sektflasche herum. Nur ein kleiner Schluck, um die Nerven zu beruhigen, dann sollte die Konzentration wieder dem gelten, was gleich auf der Bühne des Reitstadions die Gemüter erhitzen würde. Matze musste urplötzlich aufstoßen, ein Geräusch, das wie „Hucks“ klang. Doz rutschte seit Minuten nervös in seiner Sitzschale hin und her, sein angespannter Körper hinterließ nasse Schweißumrisse auf dem ausgeblichenen Plastik. „Wir haben ihn ja nur verliehen“, murmelte Julian. „Nur verliehen. So wie man ab und zu seinen Netflix-Account verleiht.“ Doch seit er sein Passwort etwas vielen Leuten verraten hatte und sich seit einigen Wochen selbst nicht mehr einloggen konnte, war ihm klar geworden, das Verleihen längst nicht mehr bedeutete, das Verliehene auch zurück zu erhalten.

Es hatte finanzielle Engpässe gegeben in den letzten Monaten. Die einst 24 Stunden am Tag vor Freude leuchtenden Gesichter der Lisbeths waren nur noch aschfahle, von Sorgenfalten gezeichnete Abbilder ihrer Selbst gewesen. Und dann war da dieses verlockende Angebot der mysteriösen Band The Hucks gewesen. Eine ordentliche Stange Geld hatten sie geboten, wenn man Robert an sie verleihen würde. Und überhaupt: The Hucks, das konnte doch unmöglich das Lisbeth-Imperium zum Einstürzen bringen – oder hatte man sich mit dem Share-Deal getäuscht?

Die nun nur noch aus Matze, Julian, Julian und Doz bestehende Gang staunte nicht schlecht, als nicht etwa eine The-Kooks-Coverband auf der Bühne erschien sondern niemand Geringeres als die berüchtigten Erzfeinde der Lisbeths Annenmaykantereit. Im Hintergrund der Bühne sah man Skinny Norris böse feixen und immer wieder verächtliche Kusshände in Richtung der verstörten Jungs werfen. Als Robert dann dem frenetischen gefeierten Gig der AMK’s mit seinen elfenartigen Saxophonklängen den letzten Schliff verlieh, war es der Gang zu viel. Robert war von Fis-Moll zu mixolydisch D-Dur übergegangen, die sagenumwobenen Akkorde, die er der Band jahrelang versagt hatte. Ohne sich abgesprochen zu haben aber als hätten die vier ihre Gehirne miteinander synchronisiert, sprangen Matze, Julian, Julian und Doz auf, stürmten mit einem Salto Richtung Bühne, schnappten sich den perplexen Robert und ehe das Publikum verstanden hatte, was da vor sich ging, war Robert schon zurück in den sicheren Backstage der Lisbeths verfrachtet worden.

Mit der berüchtigten Gin-Tonic-Taktik wurde Robert schließlich „überzeugt“, den VWL-Gig auf dem Maifeld Derby mitzuspielen. Trotz seines feierlichen Schwurs, keine Fluchtversuche unternehmen zu wollen („Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin“), werden dem aufmerksamen Fan beim Konzert die kleinen Fesseln an Roberts Füßen aufgefallen sein.

Später am Abend trank man noch den ein oder anderen Drink mit den Jungs von Annenmaykantereit, doch immer wenn sich ein Mitglied der Kölner Bande Robert zu sehr näherte, konnte man beobachten, wie einer der Lisbeths Roberts Handgelenke für einige Sekunden fest umkrallte und den holden Jüngling erst wieder freigab, wenn die Gefahr vorüber schien.